Spielosoph 
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Freitag, 21. August 2015

Sacra Terra: Kiss of Death

Sacra Terra: Kiss of DeathEs gibt Spiele, da kommt der Spaß während des Spielens von der Vorfreude, hinterher einen schönen Verriss zu schreiben. Wenn das Spiel zwar schlecht ist, aber nicht nervig oder verbuggt, und ein Fest für einen passionierten Beckmesser wie mich - dann spiele ich es auch gerne bis zum Ende und mache mir dabei Notizen, um hinterher nicht die Hälfte der Kleinigkeiten, die mir während des Spieles aufgefallen sind, nicht wieder vergessen zu haben. Aber Sacra Terra: Kiss of Death macht es dem Korinthenkacker auch wirklich einfach: Der erste Fehler liegt schon im Reihentitel des Spiels. Der soll wohl Lateinisch sein und sowas wie »Heiliger Boden« bedeuten, nur werden im Lateinischen die Adjektiveüblicherweise nicht vorangestellt, sondern angehängt - so dass eine treffendere Übersetzung des Titels dann »Boden Heiliger« heißen müsste. Und zu allem Überfluss klingt »Sacra Terra« in der englischen Version dann auch ausgesprochen wie »Secretary« - oder war das etwa Absicht?

Kiss of Death ist kein neues Spiel, ich habe es schon seit zwei Jahren, aber auch dafür fühlt es sich etwas angestaubt an. Es handelt sich um die Fortsetzung des 2011 erschienenen Sacra Terra: Angelic Night, das ich eigentlich in den frühen Tagen dieses Blogs hatte rezensieren wollen, was dann daran scheiterte, dass ich das Blog erstmal wieder für vier Jahre lang einschlafen ließ. Es war ein durchschnittliches Spiel, bei dem man in einer verlassenen Nervenheilanstalt Dämonen nach dem Motiv der sieben Todsünden unschädlich machen musste, und das mir vor allem wegen einem unsäglich lästigen Motiv im Gedächtnis geblieben ist: Wann immer der Engel auftrat, ein mysthischer Helfer, erschien, perlten Sphärenklänge durch den Raum, und eine esotherische Stimme hauchte »Angeeeeeel« … Und der Engel erschien oft. Ich war erleichtert festzustellen, dass Five Bn, eines der zahlreichen Studios des russischen Produzenten Alawar, in Kiss of Death auf den Engel verzichtet hat. Dafür gibt es diesmal auch nur einen Dämon, einen sinnlosen Deus ex Machine, sowie den blödesten zu rettenden Verlobten aller Zeiten. Aber wenigstens singen die nicht.

Das Spiel beginnt mit einem klassischen Fall von schlechtem Timing. Da sitzt unsere Protagonistin, die so sehr aussieht wie Sarah Connor, dass ich sie für den Rest dieser Rezi Sarah nennen werde, mit ihrem Freund, der treffenderweise Mark heißt, aber mehr aussieht wie Staatsanwalt Römer aus Richterin Barbara Salesch auf dem Balkon, genießen die sternklare Nacht, und Mark hebt zaghaft zur Fragen aller Fragen an, das Schächtelchen mit dem Ring schon in der Hand - als das Telefon schellt. Ich an Sarahs Stelle hätte es ja schellen lassen, aber vielleicht ist sie ganz froh über die Möglichkeit, noch etwas Zeit zu schinden, und eilt an den Apparat. Während sie redet, erscheint mit dumpfen Puff! ein mysteriöses Buch - und Mark hat nichts besseres zu tun, als damit mal probeweise einen Sukkubus zu beschwören. Drunter tun wir es ja nicht. Und klar, wenn ich warte, dass ich meiner Freundin endlich den Antrag machen kann, beschwöre ich auch immer gerne mal ein paar Dämonen. Irgendwie muss man sich ja die Zeit vertreiben! Auftritt Lilith, ihres Zeichens Erzdämonin, und natürlich entführt sie Mark. Er hat es nicht besser verdient. Aber wenigstens ist jetzt Sarah endlich fertig mit ihrem Telefonat, nimmt den verwaisten Ring an sich, und macht sich auf die Suche -

Cut. Ein verhüllter Bootsmann setzt Sarah an der Küste von Sacra Terra Island ab. Das ging ja schnell! Wer ist der Kerl, wie hat Sarah ihn gefunden, wie weiß sie von der Insel? Lauter Fragen, die nicht beantwortet werden. Dass der vermeintliche Bootsmann am Ende als Deus ex Machina auftreten wird, kann man jetzt schon ahnen, diesen Kuttentypen ist doch nicht zu trauen - und doch, als ich die ersten Rätsel löste und Wimmelbilder absuchte, dachte ich noch, ich hätte ein verstecktes Juwel in meiner Sammlung gefunden, eines von den unscheinbaren Spielen, die, wenn man sie sich nach Jahren dann doch einmal vornimmt, richtig viel Spaß machen. Kleine Dinge fielen positiv auf: zum Beispiel dass, wenn ein Wimmelbild zum zweiten Mal gespielt wurde, die beim ersten Mal eingesammelten Gegenstände fehlten. Oder, dass die Graphiken durchaus hübsch anzusehen waren, die Animationen flüssig, die Qualität der Synchronsprecher in den ersten Szenen ordentlich. Immerhin ist dieses Spiel auch mit einer Sammleredition auf den Markt gekommen - die ich allerdings nicht gekauft habe - ganz klein kann das Budget also nicht gewesen sein. Aber wie so oft, hat man die erste Stunde rum, die im Vorfeld als Beta veröffentlich worden war, geht es mit den Dingen bergab.

So gibt es für den Rest des Spieles genau einen männlichen Synchronsprecher, der mit seiner markanten kratzigen Stimmen alle Rollen spricht, ob sie zu ihm passen oder nicht und der sich durch zwei Dinge auszeichnet: gewaltiges Underacting und die Unfähigkeit, Namen aus fremden Sprachen auszusprechen. Scheitert er erst als untoter Pierre an dem seiner Geliebten Amelie, begegnet er uns später als ägyptischer Hoheprieser, der weder seinen eigenen Namen, noch den seiner Frau auf die Reihe bekommt. Und die Musik, die mir anfangs noch angenehm erschien, mutiert schnell zur penetrantesten aller Fahrstuhlmusiken - im Wechsel mit Akustikgitarrengeklimper, das wirkt, als wäre es direkt aus dem Soundtrack von Diablo geklaut worden. Die Lieblosigkeit greift weiter um sich, auch in den späteren Wimmelbildern liegen beim zweiten Durchgang dann doch wieder alle Sachen aus dem ersten rum - aber am Gravierendsten geschlampt haben die Macher bei allem, was auch nur im Entferntesten mit Plot und Logik zu tun hat.

Es sind vor allem Kleinigkeiten, die sich zusammenleppern, Kleinigkeiten, bei denen einfach niemand nachgedacht hat: Ich komme an das am Ast baumelnde Skelett nur mit einer Strickleiter - die ich dafür an den Ast binden muss, an dem das Skelett baumelt. Ich muss für eine Chilischote, ehe ich sie verwenden kann, erst eine Kaffeemühle flottmachen und die Schote zu Pulver zermahlen - nur um im gleichen Spiel eine ganze Knoblauchknolle am Stück in den Mörser werfen zu können. Und natürlich das Übliche: Das Leben meines Verlobten steht auf dem Spiel - aber iiih, Spinnweben pack ich nicht an! Wobei, wenn ich Sarah wäre - ich würde diesen Kerl nicht geschenkt wiederhaben wollen. Was will ich mit einem Mann, der, statt mal fünf Minuten zu warten, gleich einen Sukkubus beschwört? Bin ich ihm nicht gut genug, oder was? Ehrlich, Lilith kann den Kerl behalten, egal ob sie ihn jetzt in einem Finsteren Ritual dem Herren der Hölle als neuen Körper zur Verfügung stellen will oder doch nur Sex mit ihm haben - aber natürlich, Sarah tut alles, um ihn wiederzubekommen (außer Spinnweben anpacken, natürlich). Und Lilith kreischt vor Frust mit geschlossenem Mund. Dämonen können sowas.

Aber warum über die kleinen Dinge aufregen, wenn es auch die Großen gibt? Das Spiel nutzt den Vorwand, mich verschiedene Portale durchschreiten zu lassen, um sinnlos Kurzgeschichten aneinanderzureihen, Sequenzen, in denen ich jeweils ein paar Seelen retten darf und zur Belohnung ein Herzchen dafür bekommen. Diese Episoden wirken nicht nur völlig willkürlich, scheuchen mich durch unzusammenhängende Welten, in denen ich in einer aztekischen Pyramide einen ägyptischen Hohepriester treffe, der mir aufträgt, seine untote Geliebte zu erlösen, damit diese in den Himmel auffahren kann (wirklich, er sagt »ascent to heaven« und macht damals das Kulturchaos komplett), oder durch einen Urwald stapfe, der indische Ganesha-Figuren, babylonische Keilschrift, Maya-Reliefe und einen als Panther bezeichneten Puma auffahren. Die vermeintlich untote Mumie liegt dann einfach nur sehr tot in der Gegend rum und tut damit genau das, was von einer Mumie eigentlich erwartet wird, dafür darf der Geist des Archäologen, der im Bann eines finsteren Dolches seinen Freund getötet hat, dem am Ende versöhnlich in die Arme fallen, wieder ein Herzchen, das ich an den Baum hängen kann …

Dabei haben Sarah und Mark einander eigentlich doch verdient. Er beschwört Sukkubi, sie hat nichts besseres zu tun, als in einem Haus, in dem es kalt ist, gleich das Mobiliar abzufackeln, und ein dämonisches Ritual, das zwei jungen Menschen den Tod gebracht hat, muss sie natürlich sofort wiederholen. Und als sie in eine Höhle mit unbezahlbaren archäologischen Schätzen kommt, erklärt sie noch »Grave robbers did this. Archeologists would never destroy treasures of the past!« - nur um postwendend ein altes Relief mit Dynamit aufzusprengen, um einen Riss darin zu vergrößern. Mir hat Lilith fast leid getan, an solche Vollpfosten geraten zu sein. Aber da sie eine Erzdämonin ist, muss man sich keine Gedanken um ihre Motivation machen - sie ist einfach nur böse, weil sie so erschaffen wurde. Manchmal ist es eben etwas einfacher. Wer dafür der Kapuzentyp vom Anfang war, der sich am Ende die Kutte runterreißt und als bärtiger Zausel dasteht, der so tut, als müsse man ihn kennen - ehrlich, ich habe keine Ahnung. Kam der schon im ersten Teil vor? Dafür ist das zu lange her. So machte es wenig Sinn. Dafür war er aber in der Lage, mir mal eben den Dolch, den ich gefunden hatte, mit einer Blutprobe von Lilith zu füllen. Wenn er die gerade dabei hatte, nehm ich das doch gerne an!

Aber was mich am meisten geärgert hat, waren Dinge technischer Natur, angefangen damit, dass ich nur zwei Schwierigkeitsgrade zur Auswahl hatte: Tipp lädt schnell und Tipp lädt langsam. Dass ich lieber ohne Tipp spiele, dass ich es vorziehe, wenn Wimmelbildszenen nicht glitzern wie tausend Diamanten, und dass ich nicht auf der Karte sehen möchte, wo es weitergeht, hat mir an diesem Spiel etwas verlitten, das ich eigentlich sehr schätze: Ich mag Spiele mit langen Laufwegen, wo man spät in der Handlung nochmal an den Anfang zurück muss und im Gedächtnis behalten, was noch wo gebraucht wird, statt nur in einem Radius von einem Raum nach vorne und einem nach hinten Gegenstände benutzen zu können. Hier, obwohl das Spiel mit Weltenportalen arbeitet, muss man zwischendurch immer nochmal zurück, etwas holen, etwas benutzen - aber wenn mir diese Sachen dann auf der Karte angezeigt werden, ist das ein Spoiler, den ich nicht haben will. Dann benutze ich die Karte eben nicht - aber leider hat das Spiel eine Aufzugsszene. Ich kann das nicht nachvollziehen, wieso in Wimmelbildspielen alle Bewegung abläuft in Form von »ich klicke auf den Pfeil, bin in der nächsten Szene«, egal wie weit die auseinanderliegen - aber wenn man dabei einen Aufzug benutzt, man jedes Mal (!) eine quälend lansame Animation über sich ergehen lassen muss, rauf wie runter. Da ist die Karte eine willlkommene Abwechslung … und Mist, schon wieder gespoilert.

Ganz zum Schluss war ich dann doch froh über die erzwungenen Hinweise und Überspringfunktionen: Ausgerechnet das Spiel am Schluss, bei dem ich romantisch-dramatisch Marks Seelenglas finde, indem ich seinen Verlobungsring - den ich seit Anfang des Spiel mit mir rumgeschleppt und nicht etwa wie üblich als Glasschneider benutzt und dann weggeworfen habe - auf die verschienenen vorhandenen Gläser reagieren lasse, funktioniert nicht. Die Gläser reagieren alle irgendwie, ein paar mehr als andere, aber keines so richtig. Nachde ich eine Viertelstunde lang meinen Ring an alle Gläsern angenähert habe, links rechts oben unten, ohne dass etwas passiert wäre, habe ich dann doch die Überspringfunktion genutzt, das Glas bekommen, den Inhalt in meinen leblosen Verlobten gekippt und mit ihm gen Sonnenuntergang geritten, nachdem ich natürlich die Erzdämonin in die Hölle zurückgebannt habe. Ich hoffe, der mysteriöse Kapuzentyp rudert und jetzt wieder zurück, sonst sitzen die beiden immer noch auf Secretary Island fest … Aber immerhin, dieses Man scheine ich die Dämonen wirklich besiegt zu haben. Weitere Spiele der Sacra Terra-Reihe haben Five seither nicht gemacht. Ich denke nicht, dass da jetzt noch weitere folgen werden. Oder, dass es schade drum wäre.


Dieses Spiel probespielen oder kaufen bei Bigfish:
Englische Fassung: Sacra Terra: Kiss of Death Collectors’ Edition / Standard Edition
Deutsche Fassung: Sacra Terra: Der Kuss des Todes Sammleredition / Standardedition
Geschrieben von Spielosoph in Hidden Object um 01:38 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: dimensionsreise, erzdämon, verlorene seelen
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